Review< Zurück 21.08.2009
Von Ahmed Abdalla
Geschichtsschreibung einmal anders. Quentin Tarantinos neuester Film lehnt sich weit aus dem Fenster und behandelt diesmal den 2. Weltkrieg. 'Inglorious Basterds' ist ein brutales und blutiges Kriegsmärchen, von dem man sich irgendwie wünscht, dass es wirklich passiert wäre.
Nach 6 Filmen muss man den Stil von Tarantino bereits kennen und nicht genauer erläutern. Jeder seiner Filme trägt die unverkennbare Handschrift des Kult-Regieseurs. Das gleiche gilt auch für sein neuestes Meisterwerk Inglourious Basterds. Wer nicht auf übertriebene Brutalität und Gewalt steht, wer mit extrem langen Dialogen und unzähligen intertextuellen Verweisen auf die Filmgeschichte nichts anfangen kann, oder wer sich nicht an ausgefallener Filmmusik und verspielten Kameraeinstellungen erfreuen kann, der sollte sich ihn nicht anschauen. Für den Rest, unter anderem natürlich die unzähligen Tarantino-Jünger, ist der Film ein absolutes Muss. Inglourious Basterds überzeugt auf allen Ebenen, ganz vorweg die überragende, geniale und unglaubliche Leistung von Christoph Waltz, der zu Recht für diese Performance die Goldene Palme von Cannes gewonnen hat.
"Es war einmal im nazibesetzen Frankreich..." mit diesen Worten startet Tarantinos brutales Kriegsmärchen, das von Shosanna Dreyfus (Mélanie Laurent) erzählt, die beobachten musste wie der Judenjäger Oberst Hans Landa (Christoph Waltz) ihre ganze Familie hinrichtet. Währenddessen startet Leutnant Aldo Raine (Brad Pitt) mit einer Gruppe jüdisch-amerikanischer Soldaten eine brutale und blutige Hetzjagd auf die Nazis. Ihre Mission ist einfach: töte so viele Nazis wie möglich. Die beiden Handlungen verlaufen sich im Untergrund und treffen sich in einem kleinen Kino in Paris wieder. Shosanna hat ihren Namen geändert und ist die Besitzerin des Kinos, in dem der Film "Der Stolz der Nation" unter anderem vor Göbbels und dem Früher persönlich Premiere feiern soll. 400 Nazis in einem Kinosaal, der perfekte Ort für Rache und der perfekte Ort, den Krieg in einem gloreichen Showdown zu beenden - zumindest in dem Märchen von Quentin Tarantino.
Tarantino sagt über den Schreibprozess bei Inglourious Basterds: "Ich hatte keine Idee, was passieren würde, als ich mich zum ersten Mal zum Schreiben hinsetzte. Ich denke, eines der Dinge, die mich als Drehbuchschreiber auszeichnen, ist meine ungezügelte Vorstellungskraft [...] Ich habe immer die Freiheit genossen, meinen Charakteren dorthin zu folgen, wo sie hinwollen, aber hier kam ich an eine Straßensperre, die von der Geschichte selbst errichtet worden war. [...] Dann traf mich die Erkenntnis, dass meine Charaktere nicht wissen, dass sie Teil der Geschichte sind; und dass sie nicht wissen, wie die Dinge sich entwickeln werden. Meine Charaktere können die Geschichte ändern, und was in meinem Film passiert, geschah nicht in der realen Welt, weil meine Charaktere nicht exisiterten. Aber wenn sie existiert hätten, hätte dies sehr wohl passieren können." (Independent, 23 Juli 2009)
Die Castingliste von Inglourious Basterds liest sich wie die Gästeliste von Wetten, dass...?: Angefangen von Brad Pitt über Daniel Brühl, Gedeon Burkhard, Diane Kruger und last but not least Til Schweiger, der als Hugo Stiglitz nicht viel zu sagen hat, aber mit messerscharfen Argumenten zu überzeugen weiß. Wetten, dass dieser Film Kult wird?
Ein paar unnötige Details zum Schluss. Bei den Postern von Inglourious Basterds wurde in der deutschen Version ein wenig der Zensurstift angesetzt, denn das erste "O", welches einem Einschussloch ähnelt, ist im Original ein Hakenkreuz. Der Film hat seinen Namen vom Film Inglorious Basterds von Enzo G. Castellari aus dem Jahr 1978. Tarantino hat deshalb extra einen Rechtschreibfehler in seinen Film eingebaut um sich von dem Original zu distanzieren.
Meine Wertung: |
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